Der Wohnungsmieter als Privat-Hotelier
Auswirkung des Zürcher Airbnb-Urteils auf das Gastgewerbe?
„Ich bin doch nicht blöd!“
Warum soll ich nicht mit meiner schönen, zentral gelegenen 4,5 Zi-Mietwohnung (Brutto-Miete: rund CHF 2‘900.- pro Monat bzw. ca. CHF 97.- / Tag), die ich zeitweilig nicht benötige, einen Zustupf erwirtschaften? – Flugs wird die Mietwohnung über die Buchungsplattform Airbnb zum Preis von CHF 150.- pro Tag ausgeschrieben. Die Zustimmung des Vermieters zur Weitervermietung wird nicht eingeholt. Dagegen reicht der tüpierte Vermieter Klage ein.
Das Mietgericht Zürich meint: „Im Prinzip ja, aber ...“
Das Zürcher Mietgericht hält fest, dass auch bei der Weitervermietung von Wohnungen über Buchungsplattformen im Internet die gesetzlichen Regeln über die Untervermietung von Wohnungen gelten: Gemäss Art. 262 OR ist die Untervermietung grundsätzlich zulässig. Der Mieter muss allerdings die Zustimmung des Vermieters einholen. Dieser kann die Untervermietung verweigern, wenn der Mieter ihm die Bedingungen des Untermietvertrages nicht bekannt gibt, wenn die Bedingungen missbräuchlich sind oder wenn dem Vermieter aus der Untervermietung wesentliche Nachteile entstehen.
Im konkreten Fall verheimlichte der Mieter dem Vermieter, dass er die Wohnung untervermietete. Ferner machte er im Gerichtsverfahren falsche Angaben zu den Untermietkonditionen. Zudem entstanden dem Vermieter durch die Untervermietung über Airbnb auch wesentliche Nachteile, indem sich die anderen Mieter im Haus durch das Verhalten der häufig wechselnden Gäste gestört fühlten, was auch zu Ansprüchen der anderen Mieter gegen den Vermieter führen könnte. Überdies vermietete der Mieter die Wohnung zu einem missbräuchlich hohen Untermietzins. Als „missbräuchlich“ gilt in diesem Zusammenhang ein Untermietzins, der sich nicht aus den mietereigenen Leistungen sowie einer Marge von ca. 3% rechtfertigt. Aus diesen Gründen beurteilt das Mietgericht Zürich im konkreten Fall die Untervermietung als unzulässig. Und da der Mieter aufgrund seines Verhaltens in der Vergangenheit keine Gewähr für ein korrektes Verhalten nach dem Gerichtsverfahren bietet, verbietet ihm das Mietgericht die künftige Untervermietung über Buchungsplattformen. Der Mieter muss dem Vermieter zudem den Gewinn aus der missbräuchlichen Untervermietung herausgeben (Mietgericht Zürich / Urteil vom 09.02.2017, in ZMP 2017 Nr. 2).
E contrario ...
Aus diesem Urteil ergibt sich also auch, dass die Privat-Vermietung der Mietwohnung erlaubt ist, falls keine gesetzlichen Verweigerungsgründe vorliegen. Das Zürcher Urteil beschlägt allerdings nur das Verhältnis von Vermieter zum Mieter. Bloss am Rande wird erwogen, dass die Untervermietung - je nach Ausgestaltung - als Beherbergungs- oder Gastaufnahmevertrag qualifiziert werden kann. So gesehen hat das Zürcher Urteil kaum Gastro-Impact.
«If you cannot beat them join them»
Sharing Economy, wozu auch privat Zimmer anbieten und nutzen zählt, ist Trend. „Uber“ und „Wohnzimmer-Beizli“ lassen grüssen. Das Schweizer Beherbergungsgewerbe muss einräumen, dass in den letzten Jahren Internetplattformen wie Airbnb ein starkes Wachstum verzeichnen, egal ob in städtischen oder in alpinen Destinationen. Auch kommerzielle Vermittler der Parahotellerie und Betriebe aus der klassischen Hotellerie bieten immer häufiger solche Übernachtungsmöglichkeiten an. Allerdings ist die wirksame Präsenz auf Plattformen wie Airbnb nicht einfach, unterscheiden sich doch die Hotelkunden in ihren Bedürfnissen und Erwartungen klar von Airbnb-Kunden. hotelleriesuisse empfiehlt daher seinen Mitgliedern, sich gegenüber den Entwicklungen der Informations-und Kommunikationstechnologien aufgeschlossen zu zeigen (Hotelleriesuisse / Merkblatt „Die Nutzung von Airbnb durch Hoteliers –Chancen und Risiken? / Stand Mai 2016).
Ungleiche Gesetzes-Spiesse
Irritierend an dieser Entwicklung ist allemal, dass nach wie vor nur die konventionellen Anbieter mit einem dichten Netz von Auflagen und Regulierungen überzogen werden. Angefangen bei den Kurtaxen, den Mehrwertsteuern, über die Gäste-Meldepflichten, zu den feuer- und baupolizeilichen Vorschriften, bis hin zur Lebensmittel- und Hygienegesetzgebung etc., läppert sich auf dem Buckel der Konventionellen einiges an Administrations- und Finanzaufwand zusammen. Dagegen segeln die Privaten durchwegs „unter dem Behörden-Radar“. Dies ist nicht nur eine ökonomische, sondern auch eine stossende rechtliche Ungleichbehandlung, welche es – angesichts des rasch wachsenden Marktes - zügig zu beseitigen gilt. Denn die Diskriminierung des konventionellen Gastgewerbes lässt sich in keiner Weise rechtfertigen, erst recht nicht, wenn man bedenkt, dass die behördlichen Regulierungen des Gastgewerbes in erster Linie der Konsumentensicherheit dienen sollen.
© by Dr. iur. Peter P. Theiler | CH-8001 Zürich | www.gastrolegal.ch | GOURMET-Rechtsartikel 2017/5