Ist Sonntags-Arbeit an Messen wie der IGEHO erlaubt?

„Ich betreibe an der IGEHO einen Messestand zur Präsentation und den Verkauf von Kücheneinrichtungen. Meine Mitarbeitenden müssen deshalb auch am Sonntag, 25. November 2015, arbeiten. Ein Mitarbeiter meint, dafür brauche ich eine Sonderbewilligung. Stimmt das?“

​Das Gute vorweg: Nein, das stimmt nicht. Als Sonntagsarbeit gilt die Beschäftigung von Arbeitnehmenden in der Zeit zwischen Samstag 23 Uhr bis Sonntag 23 Uhr (ArG 18), wobei dieses Sonntags-Zeitfenster um höchstens 3 Stunden vor- oder nachverschoben werden darf (ArV2 11). Die Frage nach der Zulässigkeit von Sonntagsarbeit ist im Zusammenhang mit dem arbeitsgesetzlichen Arbeitnehmerschutz zu sehen, der sich wegen Missbräuchen in der Zeit der Industrialisierung herausgebildet hat. Danach ist die Sonntagsarbeit grundsätzlich verboten, weil sich im Arbeitsgesetz eine tief verwurzelte Auffassung unseres Kulturkreises niedergeschlagen hat, dass der Sonntag ein Tag der Erholung und des sozialen, früher vermehrt noch des religiösen, Zusammenseins ist (ArG 18). Dieser Grundsatz wird vom geltenden Recht aber in vielfältiger Weise mit Ausnahmen durchbrochen, die sich nach ihrer Ausserordentlichkeit und Dringlichkeit beurteilen, jedoch einer behördlichen Bewilligung bedürfen (ArG 19). Vorliegend von besonderem Interesse sind aber die Ausnahmen von den Ausnahmen, welche keiner solchen Bewilligung bedürfen (ArG 27 u. ArGV2), weil deren Aktivitäten ihrer Natur nach keinen Aufschub zulassen. Das sind beispielsweise Betriebe des Gesundheitswesens, Bank und Börsenbetriebe, Telekommunikations- und Medienbetriebe, Sicherheits- und Überwachungsbetriebe, Unterhaltungs- und Fremdenverkehrsbetriebe oder Betriebe, die verderbliche Waren wie Lebensmittel oder Blumen verarbeiten. Zu dieser Ausnahmekategorie gehören auch die Gastgewerbebetriebe sowie die Konferenz-, Kongress- und Messe-Betriebe:

Ausnahme vom Sonntagsarbeitsverbot für Gastgewerbebetriebe

„Gastbetriebe“ sind mit ihren gastgewerblichen Arbeitnehmenden vom Sonntagsarbeits-Verbot ausgenommen, unabhängig davon, ob sie ihre Dienstleistung an Konferenzen, Kongressen oder Messen erbringen (ArG 27 II c, ArGV2 4 II u. 23). Damit ist mit Blick auf die IGEHO als „internationaler Fachmesse für Hotellerie, Gastronomie und Ausserhaus-Konsum“ bereits für einen ansehnlichen Anteil der teilnehmenden Betriebe samt ihren Angestellten die Sonntagsarbeit bewilligungsfrei, und für Sonntagseinsätze der Arbeitnehmenden sind keine arbeitsgesetzlichen Lohn- und Zeitzuschläge geschuldet. Dies allerdings unter der Bedingung, dass jeder Arbeitnehmende gesetzlichen Anspruch auf mindestens 4 arbeitsfreie Sonntage pro Jahr hat. Und es sind Einschränkungen für Arbeitnehmende mit Familienpflichten und für Lehrlinge zu beachten. Vereinfacht gesagt gelten die Bestimmungen des allgemeinverbindlichen Landes-Gesamtarbeitsvertrages (L-GAV) auch während Messen wie der IGEHO.​​​

Nicht anwendbar sind die arbeitsgesetzlichen Pauschalausnahmen (ArG 27) auf Betriebe, die zwar gastgewerbliche Leistungen erbringen, jedoch nicht der Öffentlichkeit zugänglich sind, sondern ausschliesslich einem geschlossenen Benutzerkreis (z.B. Personalrestaurants, Kantinen). Ebenfalls nicht anwendbar sind diese Sonderbestimmungen auf Betriebe, die zwar in einem beschränkten Rahmen gastgewerbliche Dienstleistungen erbringen, deren Haupttätigkeit sich jedoch in einem anderen Rahmen bewegt (z.B. Cafébars in Warenhäusern, Internet-Cafés, Kioske oder Tankstellen mit Getränkeausschank). Sie haben ggf. die behördlichen Ausnahmebewilligungen für Sonntagsarbeit zu beantragen.

Ausnahme für Konferenz-, Kongress- und Messebetriebe

Eine weitere gesetzliche Ausnahme vom Grundsatz der Bewilligungspflicht für Sonntagsarbeit existiert für Messe-, Konferenz- und Kongressbetriebe samt ihren Arbeitnehmenden. Erfasst wird deren Beschäftigung mit dem Auf- und Abbau, mit dem Vermieten oder Verkaufen der Einrichtungen und Materialien für die Messestände sowie mit dem Unterhalt und der technischen Betreuung der Anlagen, mit der Bedienung der Messestände, mit der Betreuung und Bedienung der Besucher dieser Messestände, aber auch mit Kontroll- und Überwachungsaufgaben (ArVO2 43 I u. II). Messebetriebe können Sonntagsarbeit für beliebige (Messe-)Arbeiten ohne behördliche Bewilligung in vollem Umfange anordnen. Im Einzelnen sind aber vielfältige Vorschriften über die tägliche Arbeits- und Nachtarbeit zu beachten, weshalb ggf. eine rechtzeitige Abklärung im Einzelfall empfehlenswert ist.

Nicht unter diese arbeitsgesetzlichen Ausnahmebestimmung fallen jedoch administrative Arbeiten für die Messe, das längerfristige Vorbereiten von Messen und der dazugehörigen Ausstellungsmaterialien, Arbeiten für die Werbung im Vorfeld der Messe usw.

Vgl. zum Ganzen: www.SECO.admin / Wegleitung zur Verordnung 2 zum Arbeitsgesetz, 3. Abschnitt: Unterstellte Betriebsarten und Arbeitnehmer / Art. 23: Gastbetriebe /  Art. 43: Konferenz-, Kongress- und Messebetriebe.


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