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Kein Pardon bei COVID-Kreditbetrug

«Sechs Monate Freiheitsstrafe bedingt» lautete das Verdikt des Bezirksgerichts gegen einen Gastwirt für den von ihm begangenen COVID-Kreditbetrug. Der Wirt akzeptiert das Urteil.

Vom Lockdown in die Enge getrieben

Gerade hatten die Betriebsumsätze des Restaurants etwas angezogen, da wurde auch dieser Gastwirt Mitte März 2020 vom bundesrätlichen COVID-Lockdown böse überrascht. In der anschwellenden Schuldenflut erschien dem Wirt die behördliche Offerte für unbürokratisch und günstig erhältliche COVID-Kredite als unverhoffter Rettungsanker. Im Antragsformular für den COVID-Kredit gab er seinen Umsatz mit CHF 893'000 an, worauf ihm innert 24 Stunden ein Kredit von CHF 88'000 gewährt wurde. Tatsächlich belief sich laut Anklageschrift der relevante Umsatz nur auf CHF 147'700, was den Wirt lediglich zu einem Kredit von CHF 14'700 berechtigt hätte. Der Staatsanwalt warf dem Beschuldigten vor, sich CHF 73'300 ertrogen zu haben und forderte eine unbedingte Freiheitsstrafe von neun Monaten wegen Urkundenfälschung und Betrugs.

«Umsatz bloss geschätzt»

Der Beschuldigte gab sich vor Gericht als in finanziellen Belangen unbedarft. Er sei eben Gastgeber und nicht Buchhalter. Seine grösste Sorge war, sein Restaurant zu verlieren. Beim Ausfüllen des Kreditantrages habe er seinen Umsatz bloss geschätzt was allerdings im Formular nicht zum Ausdruck kam. In der richterlichen Befragung ergab sich vielmehr, dass der Wirt pro Woche zwischen CHF 10'000 bis 15'000 einnehme, was das Gericht zur Bemerkung veranlasste, er würde damit auch im allerbesten Fall ja nur auf einen Umsatz von CHF 780'000 pro Jahr kommen; dies sei immer noch CHF 113'000 entfernt von seiner Deklaration im Antragsformular. Der Beschuldigte räumte denn auch ein, er habe das Formular wohl nicht ganz verstanden und deshalb nicht richtig ausgefüllt. Hingegen bestritt er, auf dem Formular hinsichtlich seines «Wunschkredits» mit seinen Umsatzzahlen jongliert zu haben. Wichtig sei ihm gewesen, dass ihm das Geld rasch ausbezahlt werde. Es habe ihn aber überrascht, wie einfach und schnell eine so hohe Summe geflossen sei.

«Sie haben die unbürokratische Nothilfe ausgenützt»

Auf Vorhalt des Gerichts, er habe doch unterschrieben, das Antragsformular «wahrheitsgemäss» ausgefüllt zu haben, meinte der Beschuldigte mit ausländischen Wurzeln, er habe darunter verstanden, dass er persönlich für den Kredit hafte und diesen zurückzahlen müsse. In diesem Zusammenhang hob er hervor, bereits ca. CHF 17'000 zurückbezahlt zu haben. Mit Blick darauf verlangte der Verteidiger einen Freispruch vom schwerwiegenden Betrugsvorwurf: Sein Mandant habe sich weder bereichern noch jemandem Schaden zufügen wollen. Vielmehr habe er das ganze Geld nachweislich in den Betrieb gesteckt und nichts für sich abgezweigt, ja sich selber nicht einmal einen Lohn ausbezahlt. Weil allenfalls noch der Tatbestand der Urkundenfälschung verbleibe, hielt er eine bloss bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen à CHF 30 als angemessen.

In seiner mündlichen Urteilseröffnung erwog das Bezirksgericht jedoch, der Beschuldigte habe den Kreditvertrag wissentlich nicht korrekt ausgefüllt. Als Geschäftsmann habe er genau gewusst oder wissen müssen, dass eine blosse Schätzung nicht den im Kreditantrag zu deklarierenden tatsächlichen Umsatzahlen entspreche. Er habe eine – für die Tatbestände der Urkundenfälschung (Art. 251 StGB) bzw. des Betrugs (Art. 146 StGB) massgebliche – arglistige Täuschung im Sinne von Vorspiegelung falscher Tatsachen begangen, mit dem Zweck, seinen Restaurantbetrieb nicht zu verlieren. Dabei habe er damit gerechnet, dass die von ihm gemachten Angaben aufgrund der speziellen Umstände nicht überprüft würden. Auf diese Weise habe er sich einen unrechtmässigen finanziellen Vorteil verschafft und das staatliche System der unbürokratischen Nothilfe widerrechtlich ausgenützt.

Im Anschluss an die Gerichtsverhandlung liess der verurteilte Gastwirt durch seinen Verteidiger wissen, dass er das Urteil akzeptiere und auf eine Berufung verzichte. Vielmehr wolle er sich wieder auf den Betrieb seines Restaurants konzentrieren.

Fazit:

Zwar «macht Gelegenheit Diebe», und angesichts der – bloss im Kanton Zürich - nahezu 300 COVID-Kreditbetrug-Verdachtsfälle mit einer Deliktsumme von nahezu CHF 50 Millionen fragt sich rückblickend, ob da der Geldhahn nicht doch zu leicht und zu weit geöffnet worden war. Aber meist «haben Lügen kurze Beine». Anstatt nebst der wirtschaftlichen Existenz auch noch den für das Wirtepatent notwendigen guten Leumund auf’s Spiel zu setzen, ist es alleweil ratsamer, mit der Vermieterschaft das Gespräch zu suchen, um die finanziellen Kollateralschäden der COVID-Pandemie gemeinsam zu bewältigen. Bedauerlich auch, dass solch unbedarftes Verhalten Einzelner ein gängiges Wirte-Zerrbild nährt, zum Nachteil der ganzen Branche.



(Quelle: Patrick Gut in: Der Landbote v. 18.08.2021, S. 3)

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GOURMET-Rechtsartikel 2021/10: Kein Pardon bei COVID-Kreditbetrug

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