Wenn edle Accessoires nach Fondue riechen….

„Zimmerleuten-Wirt gewinnt Fondue-Krieg“, „das stinkt dem Kläger erst recht“ verkündete die Lokalpresse zu Beginn der Frühlingssaison. Wegen fortwährenden Käsegeruchs wurde der Geschäftsführer der Zimmerleuten gebüsst. Zu Unrecht. Nun darf er mit dem Segen des Bezirksgerichts weiterhin Open-Air-Fondue unter den Arkaden am Limmatquai anbieten. Ist damit der ewige Fondue-Frieden ausgebrochen?

Das Zunfthaus „Zur Zimmerleuten“ bietet seit 2005 unter den Arkaden und auf dem Trottoir Fondue an. Die damit verbundenen Käsegeruchsemissionen stören das benachbarte Verkaufsgeschäft für stylische Taschen, feine Seidenfoulards und edle Krawatten. Nebst anderen Retorsionsmassnahmen versuchte der streitbare Ladenbetreiber, mit Weihrauch und stark riechenden Flüssigkeiten einen „Gegenduft“ aufzubauen. Gäste wurden direkt angesprochen oder sollten sogar mit übel riechendem Fisch vertrieben werden (was eher zum Eigengoal verkommen sein dürfte). Weil diese Taktik dem starken SwissFondue-Dispositiv des Zimmerleuten-Wirts nichts anzuhaben vermochte, reicht der genervte Ladenbesitzer kurzerhand Strafanzeige ein. In einer ersten Runde stellte der Stadtrichter das Strafverfahren allerdings mit der Begründung wieder ein, das Zunfthaus verfüge über eine uneingeschränkte Boulevardbewilligung, und im Zürcher Niederdorf mit seinen vielen Restaurants seien Essensgerüche eher hinzunehmen als etwa in einem Wohnquartier. Doch nur sechs Monate später war das Stadtrichteramt gegenteiliger Meinung: es büsste den Zimmerleuten-Wirt mit der Begründung, er habe vermeidbare Geruchsemissionen verursacht und den benachbarten Ladenbetreiber „durch fortwährenden starken Käsegeruch massiv belästigt“. Gegen diesen Strafbefehl wandte der Verteidiger des Gebüssten erfolgreich ein, nach dem Grundsatz ne bis in idem dürfe der freigesprochene Fondue-Vermarkter nicht für dieselbe (Straf-)Tat nochmals verfolgt und verurteilt werden. Aber auch aufgrund der Verkaufszahlen könne von einer „fortwährenden Geruchsbelästigung“ keine Rede sein. Zwar folgte der angerufene Bezirksrichter dieser Argumentation. Offener dürfte allerdings die Rechtslage aussehen, wenn sich der Ladenbesitzer – anstatt das gastgewerbegesetzliche bzw. strafrechtliche Stumpengeleise zu befahren – auf das zivilrechtliche Nachbarrecht berufen würde. Denn nach Art. 684 ZGB ist jedermann verpflichtet, bei der Ausübung seines Eigentums, wie namentlich bei dem Betrieb eines Gewerbes auf seinem Grundstück, sich aller übermässigen Einwirkung auf das Eigentum der Nachbarn zu enthalten. Verboten sind insbesondere alle schädlichen und nach Lage und Beschaffenheit der Grundstücke oder nach dem Ortsgebrauch nicht gerechtfertigten Einwirkungen, z.B. durch lästige Dünste. Angesichts des weiten Ermessensspielraums dürfte nämlich der Entscheid darüber, ob für die Durchschnittsnase in der Multikulti-Niederdorfstrasse dieselben Geruchs-Reizwerte zu gelten haben wie am feinen Limmatquai, sehr wohl davon abhängen, ob auf dem Richterstuhl ein bodenständiger Käseliebhaber sitzt oder eine angesagt gestylte Richterin mit Käseallergie. Sicher ist nur eins: der Zürcher Fondue-Krieg ist erst „moitié-moitié“ entschieden.


© by Dr. iur. Peter P. Theiler | CH-8001 Zürich | www.gastrolegal.ch |SwissCuisine Mai 2014

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