Raucher

Heikler Raucherlokal-Bypass

Die herumgebotenen Konzepte für private Raucherlokale bergen rechtliche Tücken

Land auf, Land ab beschwören die Gastro-Apokalyptiker den endgültigen Beizentod, sobald sich die letzten blauen Wolken aus den Schweizer Gaststuben verzogen haben. Aufgeregt empfiehlt jede jedem die hypsten Rezepte, um das eigene Lokal vor dem unvermeidlichen Untergang in der Rauchlosigkeit zu bewahren. Helvetisch verhohlen staunen wir ob des Einfallsreichtums im "Grossen Kanton": Da werden "Camel-Clubs", "Vereine zur Bewahrung der Kultur des blauen Dunstes" oder gar "Raucher-Kirchen" gestiftet, um den preussisch exerzierten Passivraucherschutz zu umschiffen.

Doch wie steht es rechtlich um die Blitzidee eines privaten "Raucher-Clubs"? Mutatis mutandis ist die Idee so neu nicht. Wir erinnern uns an die heisse Diskussion in der Gastrowelt der 70-iger bis 90-iger Jahre um die Gleichbehandlung der Branchengenossen bei der Gewährung aufgeschobener Schliessungsstunden, im Jargon als "Nachtcafébewilligung" bekannt. Auch damals haben findige Köpfe den staunenden Konkurrenten vorexerziert, wie man die seinerzeit noch rigorosen Schliessungszeitvorschriften der kantonalen Gastgewerbegesetze aushebeln wollte: da nämlich ein patentpflichtiger Gastgewerbebetrieb per Legaldefinition öffentlich zugänglich ist und gewerbsmässig Speisen sowie Getränke zum Genuss an Ort und Stelle abgibt, gründete man Privat-Clubs, welche statutarisch nur Mitgliedern und ihren Gästen zugänglich waren. Tricky: Praktisch jedermann konnte diese Mitgliedschaften zuweilen auch bloss für einen Tag bzw. eine Nacht bzw. stundenweise bzw. wie ein Eintrittsbillet erwerben oder die Gäste wurden von den Mitgliedern gleich zu Hauf mitgebracht oder sogar bloss notifiziert.

Kein Wunder, dass sich sowohl die Bewilligungsbehörden als auch die mit restriktiven Gesetzesauflagen belegten Inhaber der Nachtcafébewilligungen gegen die schlaue Konkurrenz zur Wehr setzten und die Profiteure vor Gericht schleppten. Sie machten im Wesentlichen geltend, die Privatclubs würden die Bewilligungspflicht und die damit verbundenen Auflagen und Abgaben umgehen, indem sie faktisch einem mehr oder weniger breiten Publikum offen stünden und aufgrund ihres Angebots einem patentpflichtigen Gastgewerbebetrieb vergleichbar seien; zumindest "beherbergten" sie die Gäste, indem sie diesen des Nachts Unterkunft böten. Vor Gericht wehrten sich die Privatclub-Betreiber mit dem Hinweis auf den statutarischen Mitgliedschaftszwang und auf ihr angeblich eingeschränktes Angebot. So seien die Clublokale teilweise reduziert geöffnet (z.B. täglich, jedoch nur von 23.00 - 05.00 Uhr, oder am Wochenende), zum Teil seien sie nicht bedient, bzw., die Konsumationen müssten von einem Automaten ausserhalb des Lokals bezogen oder gar selber mitgebracht werden, evtl. könnten diese Waren in einem vom Mitglied gemieteten Schrankfach aufbewahrt werden. - Die Parallelen zu den heute herumgebotenen Raucherlokal-Konzepten sind offensichtlich.

Kantonale Verwaltungsgerichte sowie das Bundesgericht hielten damals wiederholt fest, dass es seitens der Bewilligungsbehörden nicht willkürlich sei, den Tatbestand der "Führung einer Gastwirtschaft" nicht bloss nach dem Buchstaben des Gesetzes zu beurteilen, sondern das Gesamtergebnis der im Einzelfall vorliegenden Betriebsmerkmale zu qualifizieren. Falls aber im Resultat praktisch jeder Besucher, ob Clubmitglied oder Gast, faktisch die Annehmlichkeiten eines bewilligungspflichtigen Betriebes geniessen könne, bestehe keine Veranlassung, einen sich nur äusserlich durch wenige formale Kriterien von einer normalen Gaststätte unterscheidenden Gewerbebetrieb hinsichtlich Öffnungszeiten, Auflagen und Abgaben etc. gegenüber anderen Gastgewerbebetrieben zu privilegieren. Und durchwegs kritisch wurde gewürdigt, wenn ein solcher Privatclub seine normalen Betriebskosten ohne die Konsumationseinnahmen von nicht stimmberechtigten Mitgliedern oder Gästen gar nicht decken konnte.

Wenn wir diese Grundsätze auf die Konzepte privater Raucherlokale anwenden, ergeben sich folgende Merkmale: Will ein privater Raucher-Club nicht mit den einschlägigen Gesetzesvorschriften für Raucherlokale in Konflikt geraten und gar als blosse "Rechtskonstruktion zur Gesetzesumgehung" qualifiziert werden, sollte er - nebst der Einhaltung aller bau-, feuer-, lebensmittel und ggf. gewerbepolizeilichen Vorschriften - speziell folgende Punkte beachten: Das Clublokal darf nicht faktisch für jedermann zugänglich sein; vielmehr soll der Club über eine klare, überblickbare Mitgliederstruktur verfügen. Die Mitglieder haben das statutenkonforme Club-Programm selber zu leben und nicht sich bzw. ihre Gäste bloss "wie in einem Gastronomiebetrieb beherbergen" zu lassen.

Der Raucherclub hat die anfallenden Betriebskosten des Raucherlokalbetriebs aus den Club-Beiträgen und den Konsumationszahlungen der Vollmitglieder zu decken, ohne überwiegend gewerbsmässige Ziele zu verfolgen. Gesamthaft betrachtet darf unter dem Aspekt von Treu und Glauben nicht ein Gastronomie- bzw. Gewerbebetrieb geführt werden, in welchem entgegen den gesetzlichen Vorschriften geraucht werden kann.

Ob und inwieweit sich auf diese Weise künftig private Raucher-Lokale führen lassen, welche nicht mit der - zur Zeit noch äusserst unübersichtlichen - Raucher- und/oder Gastgewerbegesetzgebung kollidieren, muss im Einzelfall geprüft und gegebenenfalls vor Gericht geklärt werden.


© by Dr. iur. Peter P. Theiler | CH-8001 Zürich | www.gastrolegal.ch ​

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