Vorsicht bei Mietzinserhöhungen infolge Sanierung

Der Wirt des Gasthofs Leuen schnappt am Stammtisch zufällig auf, wie sein Vermieter prahlt, die energetische Sanierung des Gasthofes sei für ihn ein gutes Geschäft gewesen. Die Investitionskosten werde er gleich doppelt zurückerhalten, indem er die bereits teilweise durch Förderbeiträge abgedeckte Mehrleistung in vollem Umfang auf den Mietzins überwälze. Darf der Vermieter dies und kann der Wirt allfällig in den letzten drei Jahren zu viel bezahlte Mietzinse zurückfordern?

​Einseitige Erhöhung der Mietzinsen bei Mehrleistungen

Vermieter, welche Mehrleistungen (Investitionen für wertvermehrende Verbesserungen, die Vergrösserung der Mietsache oder zusätzliche Nebenleistungen) erbringen, können die Mietzinse einseitig erhöhen. Sie können dies jederzeit auf den nächstmöglichen Kündigungstermin tun. Die Mietzinserhöhung muss dem Mieter mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist auf einem vom Kanton genehmigten Formular mitgeteilt und begründet werden.

Förderbeiträge

Bei Gebäudesanierungen können aufgrund verschiedener eidgenössischer und kantonaler Erlasse, wenn die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind, Fördergelder beantragt werden. Damit sollen Eigentümer motiviert werden, energetische Sanierungen an ihren Gebäuden durchzuführen. Am 1. Juli 2014 ist die Änderung der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) in Kraft getreten. Der neu eingefügte Art. 14 Abs. 3bis VMWG hält explizit fest, dass Förderbeiträge, die für wertvermehrende Verbesserungen gewährt werden, vom Betrag der Mehrleistungen abzuziehen sind. Mit dieser Vorschrift wird sichergestellt, dass der Vermieter die Investitionskosten nicht doppelt refinanzieren kann, indem er die bereits teilweise durch Förderbeiträge abgedeckte Mehrleistung in vollem Umfang auf den Mietzins überwälzt.​​​

Verschärfung der Formularpflicht

Zusätzlich zu dieser Änderung erfolgte aber noch eine Verschärfung der Formularpflicht. Einseitige Mietzinserhöhungen mussten schon bisher anhand eines kantonal genehmigten Formulars mitgeteilt werden. Neu muss der Vermieter bei einer Erhöhung des Mietzinses aufgrund von Mehrleistungen auf dem Formular zudem deklarieren, ob er Förderbeiträge erhalten hat (vgl. Art. 19 Abs. 1 lit. a Ziff. 5 VMWG). Der Vermieter hat die Gesamtinvestitionssumme, den Anteil der Wertvermehrung, die Höhe von erhaltenen Förderbeiträgen, den Kapitalisierungssatz sowie den Verteilschlüssel anzugeben. Fehlen Angaben zum Erhalt von Förderbeiträgen, ist die verlangte Mietzinserhöhung aufgrund des Form-mangels nichtig. Der Kanton Zürich hat sein amtliches Formular mit einer Rubrik ergänzt, in welcher der Vermieter ankreuzen muss, ob er Förderbeiträge erhalten hat. Aber nicht alle Kantone haben ihre amtlichen Formulare entsprechend angepasst. sodass Angaben zu Förderbeiträgen leicht vergessen gehen. Dies bedingt, dass Vermieter in solchen Kantonen selber aktiv werden und auf dem Formular vermerken, ob sie Förderbeiträge erhalten haben. Auch eine Erwähnung der Förderbeiträge allein in einem Begleitschreiben würde den Formvorschriften nicht entsprechen.

Folgen der Nichtbekanntgabe von erhaltenen Fördermitteln

Leidet die Mietzinserhöhung an einem Formmangel wegen Nichtverwendung des amtlichen Formulars oder fehlender Mindestinhalt, d.h. insbesondere Nichtbekanntgabe von erhaltenen Fördermitteln, ist die Mietzinserhöhung nichtig. Die Nichtigkeit einer Mietzinserhöhung kann vom Mieter innerhalb der Verjährungsfrist jederzeit geltend gemacht werden. Der Mieter, der aus Unwissen einen erhöhten Mietzins bezahlt hat, der an einem Formmangel leidet, kann - vorbehältlich Rechtsmissbrauchs – die zu Unrecht bezahlten Beträge beim Vermieter zurückfordern. Diese Rückforderung muss innerhalb eines Jahres ab dem Zeitpunkt, an dem der Mieter vom Rückforderungsanspruch Kenntnis erhalten hat, spätestens aber innerhalb von zehn Jahren geltend gemacht werden (Art. 67 OR). Aufgrund der Ziel- und Schutzrichtung der Formvorschriften bei Mietzinserhöhungen ist in der Regel nicht davon auszugehen, dass der Mieter, der sich auf die Nichtigkeit einer Formwidrigkeit beruft, ei-nen Rechtsmissbrauch begeht. Ein Rechtsmissbrauch liegt nur in Ausnahmefällen vor, wenn sich der Mieter offensichtlich gegen Treu und Glauben verhält. Es lohnt sich demnach, die Mietzinserhöhungen genau anzuschauen. Wie der Fall des Wirts des Gasthofs Leuen zeigt, kann aufgrund einer nichtigen Mietzinserhöhung infolge Missachtung von Formvorschriften vom Vermieter eine ganz erkleckliche Summe zurückverlangt werden, wenn über Jahre zu hohe Mietzinse bezahlt wurden.


© by Dr.iur. Eliane E. Ganz, LL.M. | CH-8001 Zürich | c/o GastroLegal | Dr. iur. Peter P. Theiler, Zürich | www.gastrolegal.ch |


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