Kaffee

Happy Hour in Cafébar

Weil der Wirt einer Cafébar auf seiner Homepage und im Betrieb eine „Daily double Happy Hour“ ausgekündigt und Aperol-Spritz während der Happy Hour günstiger verkauft hatte, ist er von der Eidg. Alkoholverwaltung wegen Übertretung des Alkoholgesetzes angezeigt worden. Der Verteidiger hat die Anklage zerzaust. Das Obergericht hat den Beschuldigten schliesslich ganz freigesprochen: Vergünstigter Aperol-Spritz ist kein Verstoss gegen das – schon bald überholte – Happy Hour-Verbot.

​Die Parteien

Die Eidg. Alkoholverwaltung machte geltend, das Aperogetränk Aperol-Spritz unterstehe dem Alkoholgesetz. Dieses verbiete die Auskündung und die Abgabe von vergünstigten „gebrannten Wassern“ sowie preisvergleichende Angaben (Art. 42b AlkG). Als Besitzer und Patentinhaber der Cafébar sei der Beschuldigte für die Einhaltung der einschlägigen Gesetzesvorschriften persönlich verantwortlich und daher zu büssen.

Dagegen wandte der beschuldigte Cafébarbetreiber ein, dass er einem Rechtsirrtum unterlegen sei. Er habe nicht gewusst, dass Aperol mit einem Alkoholgehalt von bloss 11 Volumenprozent bereits als Spirituose gelte. Denn Aperogetränke mit ähnlichem Alkoholgehalt wie beispielsweise mit Weisswein oder Prosecco seien ja auch nicht verboten. Ferner gelte Aperol offenbar erst seit 2005 als „gebranntes Wasser“. Schliesslich werde ja das Happy-Hour-Verbot im Rahmen der laufenden Revision des Alkoholgesetzes ohnehin abgeschafft, weshalb nicht einzusehen sei, warum der Konsum von Niedrigalkoholgetränken in einem so kurzen Zeitraum kriminalisiert werde.​​​

Etwas streng noch die erste Instanz

Das Bezirksgericht stellte eingangs fest, dass der Beschuldigte als Patentinhaber persönlich den Strafbestimmungen des Alkoholgesetzes unterstehe und deshalb auch strafrechtlich dafür verantwortlich sei, dass dieses von seinen Angestellten eingehalten werde. Denn Aperol-Spritz sei ein aus Prosecco, Aperol und Soda bestehendes Mischgetränk, wobei Aperol gebrannte Wasser enthalte (Art. 2 Abs. 3 AlkG). Da aber auf der Website keinerlei Hinweis auf Alkoholika enthalten sei, falle eine verbotene Auskündung ausser Betracht. Hingegen habe er sich eines Verstosses gegen das Verbot sowohl des Anbietens einer Vergünstigung als auch des Werbens mit Preisvergleichen strafbar gemacht, weil er in der Bar den Aperol-Spritz während der Happy-Hour zum Preis von CHF 6.- anstatt dem auf der Preistafel angegebenen Normalpreis von CHF 10.- angeboten habe (Art. 42b Abs. 2 AlkG). Eine verbotene preisvergleichende Werbung gegenüber anderen Gastgewerbebetrieben liege hingegen nicht vor. Einen unvermeidbaren und deshalb straflosen Rechtsirrtum mochte das erstinstanzliche Gericht dem Wirt jedoch nicht zubilligen.

Freispruch in der zweiten Instanz

Demgegenüber befand das Obergericht in seinem Urteil vom März 2015, der beschuldigte Wirt sei insofern einem entschuldbaren Sachverhaltsirrtum erlegen, als er fälschlich davon ausgegangen war, Aperol unterstehe nicht dem Alkoholgesetz, weil es weder Äthylalkohol enthalte noch mindestens 15 Alkoholvolumenprozente aufweise. Denn vertiefte Abklärungen über die Alkohol-Art sowie bis ins letzte Detail gehende Gesetzes- und Verordnungsinterpretationen müsse ein Wirt nicht vornehmen und könnten daher auch vom Beschuldigten nicht verlangt werden. Deshalb sei er nicht schuldig und von allen Vorwürfen freizusprechen. Und mit Blick auf den absehbaren Entfall des Happy-Hour-Verbots im revidierten Alkoholgesetz sprächen auch keine generalpräventiven Überlegungen gegen einen Freispruch.

Fazit: Der Wirt der Cafébar ist happy. Allerdings wäre er nicht gut beraten, sich auch in anderen Fällen darauf berufen zu wollen, einem entschuldbaren Rechtsirrtum erlegen zu sein. Freuen wir uns auf den baldigen Entfall des Happy Hour-Verbots.

​Art. 2 Alkoholgesetz (Begriffsumschreibung)

1 Als «gebrannte Wasser» im Sinne dieses Gesetzes gilt der Äthylalkohol in jeder Form und ohne Rücksicht auf die Art seiner Herstellung.
2 Die ausschliesslich durch Vergärung gewonnenen alkoholischen Erzeugnisse sind, unter Vorbehalt der Vorschrift in Absatz 3, den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht unterworfen, sofern ihr Alkoholgehalt 15 Volumenprozente, bei Naturweinen aus frischen Weintrauben 18 Volumenprozente nicht übersteigt.


© by Dr. iur. Peter P. Theiler | CH-8001 Zürich | www.gastrolegal.ch | ​GOURMET-Artikel 201​5/11

​Art. 2 Alkoholgesetz (Begriffumschreibung)

Wir benutzen Cookies um die Nutzerfreundlichkeit der Webseite zu verbessen. Durch Ihren Besuch stimmen Sie dem zu.